Winterwanderung

Die NABU Gruppe Bingenheim hatte für Sonntag, 26.01.2020 zu ihrer Winterwanderung eingeladen. Über den guten Zuspruch zeigte sich der Vorstand sehr erfreut, hatten sich doch über 60 Leute pünktlich am Treffpunkt eingefunden. Erster Vorsitzender Sven Schuchmann begrüßte die Wandergruppe, freute sich über die zahlreichen Teilnehmer und das gute Wetter für die Wanderung, und gab das Wort an Udo Seum ab, der die Führung der Gruppe übernahm.
Los ging es vorbei an den Gebäuden der Saatgut AG in die Straße „Flutbachgraben“ Richtung Stockborn. An einem Obstbaumgrundstück erklärte Seum, dass hier Nistkästen mit diversen Einfluglöchern für den Gartenrotschwanz aufgehängt wurden. Man möchte herausfinden, welche Löcher bevorzugt werden. Leider wurde auf den insgesamt 10 solchen Flächen nur ein Gartenrotschwanzpaar gesehen.
Seum zeigte auch auf einen Turmfalkenkasten und sagte, es ist noch ein alter Kasten mit großem Einflugloch, diese werde gerne von Nilgänsen besetzt. Wie auf Kommando flogen zwei Nilgänse, erkennbar an den weißen Flügelflecken, an der Gruppe vorbei.
Weiter ging es Richtung Stockborn, einem Teil des Landschaftsschutzgebietes „Auenverbund Wetterau“. Aus der Umweltlotterie „Genau“ hatte die NABU Gruppe einen Zusatzgewinn über 5.000 € erhalten. Mit diesem Geld konnten die Erdarbeiten für zwei neue Tümpel für Laubfrosch, Kröten und andere Amphibien finanziert werden. Viele Bäume, Büsche und Brombeerhecken mussten beseitigt werden, die zu einem großen Haufen Totholz aufgetürmt wurden. Hier soll allerlei Kleingetier, Igel und Insekten, Kleinvögel, Unterschlupf finden. Die dort vorhandene Quelle war bei den Arbeiten verschüttet worden, Seum konnte sie jedoch wieder freilegen lassen, erzählte er.
Zurzeit kann man schon Kraniche beobachten, die nach Norden ziehen. Seum erklärte, dass ca. 1.000 Kraniche gar nicht weg waren. Durch die Klimaerwärmung stellen sich die Zugvögel um, die Wetterau ist eine Wärmeinsel zwischen Taunus und Vogelsberg. Über 100 Kraniche haben in der Nähe zum Kreis Gießen ihren Schlafplatz, bei uns sieht man sie nachmittags gen Norden ziehen, dann fliegen sie zu ihren Schlafplätzen zurück. Sollte es bei uns noch richtig knackig kalt werden, ziehen sie weiter.
Dasselbe Phänomen kann man auch beim Weißstorch beobachten. Durch das Beringen der Störche wurde festgestellt, dass in Büttelborn an der Mülldeponie ca. 100 Störche geblieben sind, die dort reichlich Nahrung finden.
Es gibt zwei Routen für den Storchenzug, die Ostzieher fliegen über die Türkei nach Afrika, die Westzieher fliegen über Spanien nach Marokko. Viele bleiben jedoch in Spanien. Durch die Tourismusindustrie wird in den vielen Hotels das Essen von den Buffets weggekippt. Auf den Mülldeponien gibt es dann viele Ratten und Mäuse, ideale Futterbedingungen für die Störche.
Der Weg führte weiter vorbei am Internat Lucius. Dort zeigte Seum der Gruppe einen Schleiereulenkasten, und erzählte, dass durch die kalten Winter es ein Bestandsproblem bei den Schleiereulen gebe., weil diese Eulen sich keine Fettreserven anfressen können wie andere Eulenarten.
Im Wald angekommen, konnte man einen Kleiber und einen Buntspecht hören.
Ein Stück weiter blieb Seum vor gekennzeichneten Bäumen stehen, das Fichtensterben hat auch hier begonnen. Der Borkenkäfer bohrt sich durch die Rinde in das Holz, bohrt dort Gänge und legt die Larven ab. So wird der Baum von innen zerstört. Manchmal dauert es nur wenige Wochen, die Nadeln fallen ab, die Rinde löst sich, darunter werden dann die Gänge sichtbar, es geht bis zum Kahlfraß. Welch schrecklicher Anblick! Normalerweise kann sich ein gesunder Baum gegen die Parasiten wehren. Erkrankte Fichten müssen schnell rausgeholt werden, um die Ausbreitung des Käfers zu verhindern.
In der Nähe eines Hochsitzes lag ein kleines Fass. Der anwesende Jagdpächter Matthias Pipp erklärte, dies sei tatsächlich ein Bierfäßchen, versehen mit Löchern. Das Fass sei gefüllt mit Mais, Lockmittel für die Wildschweine. Am Boden konnte man auch deren Spuren sehen.
Nachdem wir den Wald mit seinen weichen Wegen verlassen hatten, deutete Seum nach hinten. Dort wo wir rausgekommen sind, führte früher, als die Leute noch nicht motorisiert, sondern zu Fuß unterwegs waren, der sogenannte „Amts-Pfad“ schnurstracks nach Nidda zum Gericht, erklärte er.
Ein Kolkrabenpaar flog gerade auf den Wald zu, ein Zeichen, dass die Brutzeit beginnt.
Der Weg führte weiter am Quellenhof vorbei. Hier wird auf biologisch- landwirtschaft-licher Basis gearbeitet.
Auf einem Apfelbaumgrundstück zeigte Seum auf eine Steinkauz Röhre. Im Wetteraukreis gibt es ungefähr 600 solcher Röhren. Er erzählte, dass, wenn jemand im Sterben lag, das Licht im Zimmer angelassen wurde. Vor dem Fenster versammelten sich die Insekten, die wiederum vom Steinkauz gejagt wurden. Dabei hörte man den Ruf „kuwitt“, was gleichbedeutend mit „komm mit“ verstanden wurde. Steinkäuze wurden deshalb früher auch als Totenvögel bezeichnet.
Wieder im Ort angekommen, machten wir einen kurzen Stopp an einem fledermausfreundlichen Haus, bevor wir in die Schreinerei der Lebensgemeinschaft gingen, wo fleißige Helfer heißen Tee aus dem Kessel, Schmalzbrote, leckere Bratwürstchen vom Holzkohlengrill, hausgemachte Kuchen und Kaffee für die Wanderer vorbereitet hatten. Ganz entspannt ging ein schöner Nachmittag zu Ende. Alle waren sich einig, das war eine sehr schöne und informative Wanderung, den Veranstaltern ein herzliches Dankeschön. Auch der Vogel Piep freute sich über die großzügigen Spenden. Zum Abschluss bedankte Sven Schuchmann sich bei Udo Seum für die Führung und bei allen Wanderern für ihre Teilnahme, bei allen Helfern und Kuchenspendern.